Schamanismus als Hilfe im heutigen Leben

Schamanismus ist die älteste Auseinandersetzung mit den Grundfragen und – nöten der Menschen. Als eine Jahrtausend alte Kunst war Schamanismus die erste und ursprüngliche Möglichkeit des Menschen, sich selbst im Wechselspiel der elementaren Kräfte und den Kräften des Universums zu verstehen und einzuordnen.

Schamanen waren Heiler und Vermittler einer Zeit, in der es noch keine Ärzte, Lehrer, Priester und Psychologen gab. Mit Techniken wie monotonem Trommeln, ekstatischem Tanzen, pflanzlicher Substanzeinnahmen und Fasten gelangen die Schamanen in einen anderen Bewusstseinszustand und traten dabei in Interaktion mit Geistwesen. Mittels dieser Trancereisen in andere Wirklichkeiten und als Mittler der Welten heilten sie Krankheiten und ermöglichten das Leben und Überleben ihres Stammes. Tier- und die Ahnengeister waren dabei ihre wichtigsten Helfer und Verbündeten.

 

Die Wiederentdeckung des Schamanismus

Schon in früheren Jahrhunderten reisten Eroberer und Missionare zu den Naturvölkern und berichteten über „seltsame“ Praktiken, in denen Menschen unter pflanzlicher Substanzeinnahme wild tanzten, bis sie umfielen und mit fremden Zungen zu sprechen begannen und damit andere heilten. Fasziniert und zugleich ablehnend bis verängstigend, brachte man damals wenig Verständnis für diese alten Rituale auf. Manche beschrieben die indigenen Schamanen als Hexer, Teufelsanbeter oder als psychisch Kranke.

Das Interesse unserer Zivilisation am Schamanismus erwachte erneut Mitte 19. Jahrhundert. Ethno- und Anthropologen begannen über den Schamanismus zu berichteten. Sie besuchten Naturvölker, lebten mit ihnen und studierten sie. Einige wurden gar Schüler bei Schamanen. Verschiedene Bücher über den Schamanismus kamen auf den Markt. Die bekanntesten sind von Mircea Eliade, Carlos Castaneda, Lynn Andrews und Michel Harner. Im Buch „Schamanismus und archaische Ekstase Techniken“ beschreibt Mircea Eliade, ein rumänischer Religionshistoriker, als erster Europäer über die Trancetechniken der Schamanen und deren außer körperlichen Erfahrungen. Dieses Buch beinhaltet das gesammelte Forschungswissen, jedoch keine eigenen Erfahrungen. Carlo Zumstein bezeichnet den Schamanismus, der nicht auf eigenen Erfahrungen beruht und an eine bestimmte Tradition gebunden ist, als „Ethno-Schamanismus“.

Der amerikanische Anthropologe Michael Harner und Carlos Castaneda, ebenfalls Forschende bei Schamanen, wurden beide unverhofft einem schamanischen Initiationserlebnis ausgesetzt. Seither weiss man: Über Schamanismus kann man nur bis zu einem bestimmten Punkt reden oder schreiben, man muss ihn erfahren, um zu verstehen was er ist.

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Carlos Castaneda und Lynn Andrews erzählen in ihren Büchern über die Begegnungen und Erfahrungen mit ihren LehrerInnen. Lynn Andrews war 7 Jahre lang Schülerin der Cree-Medizinfrau Agnes Whistling Elk in Nordkanada. In ihren Büchern hat sie ihre Erlebnisse beschrieben. Ihr Wissen gibt sie u.a. in ihrer Schule „Mistery School“ weiter. www.lynnandrews.com

Carlos Castaneda war Anthropologe an der kalifornischen Universität in Los Angeles. Im Rahmen seiner akademischen Ausbildung führte er Feldforschungen zur Verwendung von Heilpflanzen und dem Gebrauch psychotroper Pflanzen bei den Indianern im Südwesten der USA und im angrenzenden Teil Mexikos durch. Dort begegnete er dem indianischen Schamanen Don Juan Matus, der ihn fortan sein Wissen lehrte. Carlos Castanedo beschreibt in seinen Erzählungen, wie er dieses Wissen erlernte und seinen eigenen Weg damit beschritten hat. Seine Bücher handeln von der Kraft der Unendlichkeit. Er rückt sie ins Zentrum der Aufmerksamkeit und öffnet auf diese Weise auch für uns den Spalt zwischen den Welten. 1993 begann Castaneda und seine GefährtInnen sein Wissen in einem kleinen Kreis zu lehren. 1995 richtete er die Organisation Cleargreen Incorporated ein, die seine Tensegrity Workshops organisieren und fördern. www.carlos-castaneda.de. Gemäss öffentlichen Angaben starb Carlos Castaneda 1998 in Los Angeles.

Michel Harner erlebte während eines Aufenthaltes bei den Conibo-Indianern im Amazonas 1961 durch die Einnahme einer pflanzlichen, halluzinogener Droge eine Initiation. Er wurde vom anfänglichen Beobachter zum seinem eigenen Forschungsgegenstand, was er bis heute blieb. Er gründete 1987 die Foundation for Shamanic Studies (FSS) www.shamanism.org und brachte das traditionelle schamanische Wissen in eine für uns westlich orientierten Menschen verständliche Form den „Core-Schamanimus. Michael Harner führt die Menschen ohne bewusstseinserweiternde Drogen in die Geheimnisse dieses alten Wissens ein.

Etwas später kam Sandra Ingerman, amerikanische Psychologin zur FSS hinzu. Während einer schamanischen Heilsitzung zeigten ihr ihre Verbündeten aus der nicht alltäglichen Welt ein altes und in Vergessenheit geratenes Ritual, das der Seelenrückholung. In ihren beiden Büchern „Auf der Suche nach der verlorenen Seele“ und “Welcome Home – die Rückkehr der Seele“ beschreibt sie diese Technik. Sandra Ingerman www.sandraingerman.com ging inzwischen ihren persönlichen Weg weiter und gibt Workshops über schamanisches Reisen, Heilen und die Umkehr der Umweltverschmutzung durch spirituelle Methoden.

Carlo Zumstein, Psychologe und schamanischer Forscher, Gestalter und Wandler war von 1995 – 2004 Mitglied und Lehrbeauftragter der FSS. Durch seine Fähigkeit das schamanische Wissen weiter zu entwickeln und nicht bei der Wiederbelebung archaischer Heilrituale stehen zu bleiben, entwickelter er den Meta-Schamanismus. Dessen Wurzeln stehen in der Unmittelbarkeit des Seins und beziehuen unsere heutige Bewusstseins-Entwicklung und Zivilisation mit ein. 2004 gründete er die „Foundation for Living Shamanism and Spirituality“ (FLSS) www.flss.ch. Im Zentrum seines Interesses steht die Seele des Menschen und wie sich diese im Zusammenspiel mit den Kräften der Natur, der Elemente und des Universums in das Leben hineingestaltet. Carlo Zumstein zeigt mit seiner unermüdlichen Art Dinge weiterzuentwickeln, dass Schamanismus lebendig, wandlungsfähig und immer wieder auf’s Neue von uns erfahren werden kann. Seine Erfahrungen gibt er in diversen Seminaren weiter. Meine schamanischen Kenntnisse beruhen auf seinem Wissen und auf dem meiner Verbündeten der anderen Wirklichkeit.

 

Schamanismus als Hilfe im heutigen Leben

Der Mensch ist heute anders als früher herausgefordert, sein Leben zu bewältigen. Mussten sich unsere Vorfahren vorwiegend mit Naturgewalten und dem Sichern von Grundbedürfnissen auseinandersetzen, müssen wir uns heute in einer äußerst technisiert und schnell gewordenen Welt behaupten. Druck im Alltag, zunehmende Leistungserwartung in Ausbildungs- und Arbeitswelt, auseinanderfallende soziale Werte und wirtschaftliche Systeme, belastende Umwelteinflüsse und rasante Entwicklungen fordern den modernen Menschen auf eine nie zuvor dagewesene Art heraus. In einer Zeit, in der sich viele Veränderungen abzeichnen, gewohnte Strukturen sich auflösen und bisherige Sicherheiten im Außen nicht mehr wie gewohnt gegeben sind, suchen wir nach neuen Antworten. Sinn und Unsinn des Daseins werden in einem größeren Ausmaß in Frage gestellt.

Oft müssen wir erst in eine Krise geraten, die uns aus dem routinierten Alltagstrott wirft, eine Krankheit, Burn-Out, ein Unfall, Arbeitsplatzverlust, die Trennung eines langjährigen Lebenspartners. Erst dann lauschen wir wieder der Stimme unserer Seele und beginne wirklich zu leben. In solchen Lebenskrisen können wir zwischen zwei Möglichkeiten wählen: Wir können zum „Opfer“ der Krise, des Leidens, der Trennung, unserer Krankheit werden, oder die in jeder Krise enthaltende Chance des Wandels ergreifen. Aber nicht nur Krisen können einen Entwicklungsschub und eine neue Suche in unserem Leben auslösen. Immer wieder treffe ich auf Menschen, die auf eine bestimmte Weise gesättigt sind. Sie haben äußerlich gesehen alles in ihrem Leben erreicht. Sie sind erfolgreich im Beruf, privat stimmt alles und auch gesundheitlich haben sie keine weiteren Probleme. Eigentlich sollten Sie zufrieden sein. Wenn da nicht diese Unruhe wäre, die die Frage aufwirft: Ist das wirklich schon alles gewesen? Es liegt in der menschlichen Natur – sobald wir uns nicht mehr um die reine Existenzerhaltung kümmern müssen, arbeiten wir an besseren menschlichen Bedingungen. Nur um dann, wenn wir uns mit allem Komfort und aller Bequemlichkeit ausgestattet haben, festzustellen, dass wir trotzdem nicht zufriedener sind als vorher. Stellen wir dann fest, dass wir keine Spur glücklicher geworden sind, geraten wir ebenfalls in eine Lebenskrise. Hier steht der nächste Entwicklungsschritt an: Das spirituelle Erwachen.

Schamanische Rituale können während einer Lebenskrise und in Zeiten des spirituellen Erwachens über das menschliche Leiden hinaus und in die eigene Kraft führen. Bisherige Begrenzungen können wir hinter uns lassen. Der Mensch ist in ständiger Veränderung, das ist ein universelles Gesetz, denn er will sich weiterentwickeln. So wachsen wir unentwegt aus irgendeiner Rolle, die sich erfüllt hat, heraus in eine neue hinein. Wir durchlaufen in unserem Leben mehrere Übergänge, vom Kind zum Jugendlichen, von der Schülerin zur Berufstätigen, von der Frau zur Mutter, vom Junggesellen zum Ehemann, vom Arbeitnehmer zum Pensionär. Auch durch Umstellungen wie Umzüge, Stellenwechsel, Partnerverlust und so weiter gelangen wir immer wieder an eine Schwelle, an der wir Altes verabschieden müssen. Und das, obwohl wir oft noch im Ungewissen sind, was das Neue mit sich bringen wird. Auch hier kann ein schamanisches Ritual, das die alte Rolle würdigt und so verabschiedet und die neue Rolle begrüßt, die Entwicklung erleichtern.